Badminton

Maikel Goes to Langenfeld

Rückblende zur Südwestdeutschen Meisterschaft 2017, Herreneinzel O35 in Ginsheim, Ortszeit 13:44 Uhr. Maik hat Matchball zum Einzug ins Halbfinale, verbunden mit der Qualifikation zur Deutschen Meisterschaft. Der Gegner spielt einen hohen Ball ins Halbfeld an die rechte Außenlinie, Maiks Rückhandseite. Er gleitet in Position, steigt so hoch wie es für einen 38-jährigen mit mässiger Sprungkraft geht, setzt an zu einem saftigen Longline-Smash und denkt… das ist es, das ist die Quali…schlägt mit allem was er hat und semmelt den Ball einen Meter ins Seitenaus.
2 Jahre später, wieder Viertelfinale der SWD O35, sein letztes Jahr als O35er, dieses Mal im mittelhessischen Betzdorf. Im ersten Satz liegt Maik mit 5 Punkten hinten und der Gegner spielt sicher und druckvoll auf. Wie so oft braucht Maik seine 10-15 Ballwechsel, um richtig ins Spiel zu kommen. Doch dann kämpft er sich Punkt um Punkt ran, hat aber trotzdem Satzbälle gegen sich. Einer abgewehrt, der zweite ebenfalls. Der dritte Punkt in Folge bedeutet Satzball und zack hat er dem Gegner den ersten Satz doch noch abgeluchst.
Dieser gibt mit ordentlich Frust im Bauch Gas und Maik gönnt sich eine Verschnaufpause – seine Form ist an diesem Tag nicht die beste. Schon beim Einspielen hatte er völlig untypischerweise Seitenstechen. Egal, wofür gibt es einen dritten Satz und wie so oft hatte sein Gegner nach einem deutlich mit 21:7 gewonnenen zweiten Satz nicht mehr mit einem Comeback gerechnet. Aber Maik spielt jetzt konzentriert, lässt keine Punkte beim Aufschlag des Gegners mehr zu und kann damit die eigene Schwäche, die Returns zu parieren ausgleichen – 20:16. Vier Matchbälle zur Quali zur DM in Langenfeld. Nur auf einmal legt der Gegner eine Schippe drauf und spielt seine besten Ballwechsel, wehrt alle Matchbälle ab und erhöht zum eigenen Matchball auf 21:20. Flashback nach Ginsheim 2017. Sollte es wieder nicht klappen? So kurz vorm Ziel? Not this time, dude! Maik gelingt es, den Punkt zu machen und bei 23:22 den 6. Matchball zu verwerten. Es geht nach Langenfeld! 
Nach den bisherigen Highlights seiner sportlichen Laufbahn – der Bezirksmeisterschaft im 100m Rückenschwimmen im Alter von 11 Jahren und dem legendären Pokalsieg mit der ersten Vorwärts-Badmintonmannschaft vor einigen Jahren war das letzte große Karriereziel erreicht! Die Deutsche Meisterschaft. Gar nicht so schlecht. Das Halbfinale ging dann zwar gegen den späteren Sieger klar verloren, aber auch das Anschauen des Finale zeigte, das heute alles zwischen Platz 2 und 8 drin gewesen wäre. 
Einen Urlaub und 3 Trainingsabende mit einigen Einzeln zum Wiederfinden der Form später saß Maik dann am Himmelsfahrt-Donnerstag mit leichter Erkältung im Auto auf dem Weg in die Heimat nach Dorsten, um den Abend vor seiner ersten Deutschen Meisterschaft bei seiner Mutter – seinem größten Fan zu verbringen. Um 7 Uhr am Freitagmorgen nach Kaffee, Aspirin-Doping und einem Marmeladenbrot, ging es dann samt Edelfan wieder Richtung Köln ins rheinländische Langenfeld. Der Blick auf die Auslosung offenbarte das erhoffte Losglück. In der ersten Runde gab es einen ungesetzten Gegner aus Sachsen und nach dem Warmup war fühlte sich Maik den Umständen entsprechend gut. Die Kopfschmerzen waren weg und es konnte gespielt werden. Gegen 10 Uhr ging es dann aufs Feld und die beiden Kontrahenten aus dem tiefen Westen und Osten der Republik lieferten sich ein Kopf an Kopf Rennen bis zum 15 beide im ersten Satz. Dort gelang es Maik erstmals mit zwei Punkten in Führung zu gehen und auch der Ausgleich zum 19:19 konnte ihn nicht aufhalten. Der erste Satz war trotz gehöriger Nervosität eingetütet. Die Situation ist schon eine besondere, auf so ungewohnt großer Bühne gegen einen schlagbaren Gegner anzutreten. Die Favoritenrolle und den damit verbundenen Druck, der sich automatisch einstellt, wollen nicht umsonst viele Sportler gerne wieder abgeben. Der zweite Satz war dann von einer leichten Führung über die gesamte Länge geprägt und Maik spielte so stabil, wie nach der verkürzten Vorbereitung eben möglich. Folgerichtig konnte er den zweiten Satz ebenfalls mit 21:19 gewinnen und zog im Vorfeld einigermaßen unerwartet in die zweite Runde ein.
Der Blick auf die Auslosung zeigte einen Gegner aus NRW mit Setzplatz 5/8 und einen Spielbeginn in 4 Stunden! Einerseits ganz schön lang aber andererseits eine gute Gelegenheit, die Turnieratmosphäre reichlich zu genießen und gemeinsam mit seiner Mutter den Spielen der anderen Alterklassen von O40 bis O75 zuzuschauen, sich an der vereinzelt auch im hohen Alter noch vorhandenen Agilität und / oder Leidenschaft zu erfreuen und ein wenig zu schwätzen. 
Dann gegen halb 3 wurden wieder die ersten O35 Begegnungen aufgerufen und die Nervosität stieg erneut. Maik lockerte sich ein wenig und brachte den Kreislauf wieder etwas in Schwung und gegen 15:05 Uhr wurde dann die Partie aufgerufen. Schon beim Einspielen merkte er, dass der 1,95m große Gegner aus NRW, ebenfalls Linkshänder, nicht umsonst seinen Setzplatz hatte und Maik war klar, dass er sich auf lange Ballwechsel einstellen, selbst hellwach sein und genaue Schläge spielen musste. All das war leider etwas viel verlangt heute und selbst wenn er sein bestes Badminton hätte abrufen können – nach 10:21 und 9:21 musste Maik anerkennen, dass der Gegner einfach eine Klasse besser war – Shakehands, duschen und mit dem kleinen Stachel der Niederlage im Gepäck wieder Richtung Ruhrgebiet. Doch die Enttäuschung, die sich nach jeder Niederlage einstellt war schnell verflogen und spätestens am Samstag im Auto Richtung Frankfurt drängte sich der Stolz auf das erreichte wieder in den Vordergrund. Ich habe es tatsächlich geschafft, bei der DM in der stärksten Altersklasse dabei zu sein und einmal dieses besondere Turnier miterleben zu dürfen ***grins***